Das Strahlenschutzgesetz (StrlSchG) soll eine Anpassung der Teleradiologie an europäische Normen gewährleisten und diese legislativ verankern. Doch bereits beim Inkrafttreten des Gesetzes 2018 gab es Kritik. Hierbei steht vor allem das sogenannte Regionalprinzip im Fokus.
Einfacher Zugang zu teleradiologischen Diensten
Unumstritten ist, dass es das StrlSchG Krankenhäusern, Praxen und Medizinischen Versorgungszentren erleichtert, teleradiologische Dienste in Anspruch zu nehmen. Allen voran steht hierbei die Antwort auf den Fachkräftemangel, der vor allem die ländlichen Räume betrifft. Seit 2018 können nun auch Ärzte und Ärztinnen mit der „erforderlichen Fachkunde“1 die Indikation für radiologische Untersuchungen stellen und diese befunden. Zuvor war dies nur radiologisch ausgebildeten Ärzten und Ärztinnen gestattet. Dies entlastet die gesamte Belegschaft und ermöglicht es medizinischen Einrichtungen, eine radiologische Notfallversorgung aufrecht zu erhalten trotz fehlenden Personals.
Des Weiteren schafft das StrlSchG Klarheit, indem es wichtigen Normen einen legislativen Rahmen verleiht und die deutsche Gesetzgebung an die europäische anpasst. Das umfasst sowohl prozessorientierte Leitlinien als auch die technische Rahmengebung wie zum Beispiel Richtlinien bezüglich der Bildgebungsqualität (DIN 6868-159:2021-04). Festgelegt wurden auch Bestimmungen bezüglich eines Notfallkonzepts, sollten teleradiologische Dienste unerwartet nicht zur Verfügung stehen, Vertretungsbestimmungen für die Radiologen und Radiologinnen sowie weitere relevante Richtlinien.
Hinter diesen Bestimmungen steckt das bereits angesprochene Regionalprinzip. Dieses fordert eine enge Kooperation zwischen der medizinischen Einrichtung und dem jeweiligen Anbietenden von Teleradiologie, um eine enge Einbindung dieser in den Klinikalltag zu gewährleisten. Praktisch bedeutet dies, dass ein Teleradiologe oder eine Teleradiologin einmal jährlich vor Ort vom Klinikpersonal eingewiesen wird und zudem digitale Konferenzen in regelmäßigen Abständen durchgeführt werden. Diese dienen dazu, geänderte Abläufe oder konkrete Fallbeispiele zu besprechen.
Mangelnde Ausführungsbestimmungen
Während diese enge Kooperation im Sinne der Patientenversorgung durchaus berechtigt ist, stellen viele der Anforderungen Kliniken und Anbietende vor einen bürokratischen Mehraufwand. „Letztendlich hat sich an unseren Prozessen wenig geändert, denn auch vor dem Strahlenschutzgesetz war eine enge Zusammenarbeit für eine erfolgreiche Kooperation nötig. Nur die Protokollierung nimmt deutlich mehr Zeit in Anspruch“, bestätigt Andreas Heykes, Geschäftsführender Gesellschafter bei TelradKo.
Hinzu kommt, dass wichtige Rahmenbedingungen im StrlSchG nicht ausformuliert wurden. Das stellt vor allem Behörden vor eine große Herausforderung: Sie müssen diese Rahmenbedingungen, wie die zeitlichen Abstände der verpflichtenden Austauschtermine, praxisnah schaffen, ohne fachspezifische Ansprechpartner zur Seite gestellt zu bekommen. Das führt zu nicht einheitlichen Regelungen, die sich von Bundesland zu Bundesland unterscheiden. Ein Umstand, der besonders überregional agierende Anbietende hindert: Verwaltungsaufwand und keine Möglichkeit ein Standardverfahren für diesen einzurichten, kosten Zeit und Ressourcen. Der große Vorteil der Teleradiologie – die Agilität – wird eingeschränkt.
Das Regionalprinzip – Ein Hindernis für die Teleradiologie?
Diese Agilität ist vor allem im Sinne des Wohls der Patienten und Patientinnen von Bedeutung. Die Teleradiologie soll eine flächendeckende medizinische Versorgung vor allem in ländlichen Regionen gewährleisten. Dem gegenüber steht aufgrund des StrlSchG der erhöhte Verwaltungsaufwand, der es den Einrichtungen erschwert, Teleradiologie in Anspruch zu nehmen und Anbietenden überregionales Handeln verkompliziert. In der Praxis bedeutet das, wenn es keine teleradiologische Anbindung im näheren Umfeld einer medizinischen Einrichtung gibt, wie es in den ländlichen Regionen häufig der Fall ist, dass diese Einrichtung auch nicht von telemedizinischen Dienstleistungen profitieren und zumeist keine radiologische Notfallversorgung aufrechterhalten kann. „Das spricht nicht für das, was das Bundesministerium für Gesundheit sich vorgenommen hat: Nämlich Telemedizin zu nutzen und in Deutschland zu stärken, um eine bessere, flächendeckende Versorgung zu gewährleisten“, fasst Andreas Heykes die Situation zusammen.
Praxisnaher Austausch mit Einrichtungen und Anbietenden
Letztendlich stellt sich die Frage, ob die erklärte Vision der Bundesregierung durch bürokratische Anforderungen und unklare Ausführungsbestimmungen im Strahlenschutzgesetz verhindert und somit eine Reform des Gesetzes benötigt wird.
Dabei muss nicht von vorne begonnen werden. Überregional agierende Teleradiologieanbietende haben die verschiedenen Vorgehensweisen unterschiedlicher Behörden kennengelernt und wissen, welche gesetzlichen Umsetzungen funktionieren und welche nicht. Dieses Wissen sollte und muss genutzt werden. Zweieinhalb Jahre Erfahrung in einem neuen Gesetzentwurf bündeln: Davon profitieren sowohl medizinische Einrichtungen, die Anbietenden und nicht zuletzt vor allem die Patienten und Patientinnen.
1 Strahlenschutzgesetz (StrlSchG): Bundesgesetzblatt Jahrgang 2017 Teil I Nr. 42, ausgegeben zu Bonn am 3. Juli 2017
Andreas Heykes
Geschäftsführender Gesellschafter und Facharzt für Radiologie Andreas Heykes hat langjährige Erfahrung im Bereich der Radiologie, als Befunder in der Teleradiologie und im operativen Geschäft bei der TelradKo.